Der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) kritisiert scharf die aktuelle Hautkrebskampagne der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG). Diese ruft per Pressemitteilung und Social-Media-Kanälen dazu auf, bei "schuppenden Hautstellen, Geschwüren oder Knotenbildungen im Gesicht direkt oder auf Überweisung durch Hautärzte einen Gesichtschirurgen für die operative Behandlung aufzusuchen". Laut DGMKG bestehe ein Problem in der Versorgungssituation des Hautkrebses bei Hautärzten. Die MKG-Chirurgie habe hingegen in der Regel ausreichend OP-Kapazitäten.
"Wir lehnen die Rosinenpickerei, die die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurginnen und -chirurgen bei besonders lukrativen Hautkrebsoperationen im Gesicht betreiben, entschieden ab. Die Hautkrebstherapie – auch wenn im Kopf-Halsbereich operiert werden muss – gehört grundsätzlich in die Hände von Dermatologinnen und Dermatologen", stellt BVDD-Präsident Dr. Ralph von Kiedrowski klar, "denn mit einer Operation allein ist den Betroffenen nicht geholfen."
Insbesondere die weit verbreiteten Vorstufen von hellem Hautkrebs, die aktinischen Keratosen unterschiedlicher Ausprägung und Stadien, die von der DGMKG als schuppende Hautstellen bezeichnet werden, müssen in den allermeisten Fällen gar nicht operiert werden. "Bevor man bei aktinischen Keratosen schneidet, gibt es zahlreiche, sehr gut wirksame und verträgliche medikamentöse Therapieoptionen, sodass Patientinnen und Patienten gerade im Gesichtsbereich eine Operation mit Narbenbildung erspart werden kann. Hier ist unsere Fachgruppe der kompetente Ansprechpartner", betont der BVDD-Präsident. Dies gilt im Übrigen auch bei Operationen von manifestem Hautkrebs. "Häufig reichen bereits maßvolle, lokal begrenzte operative Eingriffe aus, um den Hautkrebs zu entfernen. Größere, ausgedehnte Operationen, wie sie sicherlich auch von den Kolleginnen und Kollegen aus der MKG-Chirurgie beherrscht werden, sind die Ausnahme", erläutert Dr. von Kiedrowski.
Angesichts von jährlich rund 330.000 neuen Hautkrebsfällen in Deutschland – ca. 46.000 maligne Melanome, über 168.000 Basalzellkarzinome und etwa 116.000 Plattenepithelkarzinome – überrascht die Feststellung der DGMKG, dass Hautärztinnen und Hautärzte laut Nationaler Versorgungskonferenz Hautkrebs (NVKH) nicht ausreichend Versorgungskapazitäten haben, weniger. Auf der diesjährigen NVKH haben sich die Fachgesellschaften vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung Gedanken um die Versorgung der Zukunft gemacht. "Verwunderlich ist jedoch, dass ausgerechnet die kleine Fachgruppe der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurginnen und -chirurgen eigenen Angaben zufolge ausreichend OP-Kapazitäten aufweist", so Dr. von Kiedrowski. Die Ärztestatistik der Bundesärztekammer (BÄK) weist aktuell 1.341 ambulant und 484 stationär tätige MKG-Chirurginnen und -chirurgen aus. Zum Vergleich: Nach BÄK-Angaben sind 4.964 Dermatologinnen und Dermatologen ambulant und 1.136 stationär tätig. "Wie die MKG-Chirurginnen und -chirurgen vermeintliche Versorgungslücken in unserem Fachbereich schließen wollen, bleibt beim Blick auf diese Daten ein Rätsel", sagt der BVDD-Präsident.
Zudem braucht es mehr als OP-Kapazität, um die Versorgung der steigenden Patientenzahlen bei Hautkrebs zu gewährleisten. Vielmehr braucht es nach Meinung des BVDD Langzeitkonzepte von der Prävention über Diagnostik und Therapie bis hin zur Nachsorge für die chronisch-lichtgeschädigten Patientinnen und Patienten. Dies betont der BVDD auch in seiner aktuellen eigenen Kampagne "Gemeinsam gegen Hautkrebs".
Zu beachten ist darüber hinaus, dass hausärztliche Praxen Patientinnen und Patienten mit Verdachtsbefunden aus den Hautkrebsscreening-Untersuchungen gemäß Krebsfrüherkennungsrichtlinie überhaupt nicht an Allgemein- oder MKG-Chirurgen überweisen dürfen. Hier obliegen Diagnosestellung und weitere Therapieentscheidung den Dermatologinnen und Dermatologen. "Insofern beinhaltet die DGMKG-Mitteilung sogar eine Empfehlung, die den hausärztlichen Praxen Abrechnungsprobleme bescheren kann, wenn gegen Richtlinien verstoßen wird", warnt Dr. von Kiedrowski. Zudem ist für viele Patientinnen und Patienten der Zugang zu einer leitliniengerechten Hautkrebs-Nachsorge nicht automatisch gegeben, wenn extern operiert wird.
Abschließend bewertet der BVDD auch die Behauptung der DGMKG, "dass die spezialisiertesten Experten für die operative Behandlung der Gesichtshaut die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen sind", nur weil sie diese Qualifikation "als einzige Arztgruppe auch im Facharztnamen tragen", sehr kritisch. Dr. Ralph von Kiedrowski dazu: "Es ist bekannt, dass ein wichtiges Qualitätskriterium für Operationen eher die Anzahl der durchgeführten Eingriffe ist und sicherlich nicht der Name der Facharztbezeichnung. Vor dem Hintergrund, dass die Dermatologie – was viele nicht wissen – das Fach mit der höchsten Anzahl an (Hautkrebs-)Operationen ist, sehen wir die Aussage der DGMKG zwar im Grunde gelassen, raten aber im Sinne der Patientenversorgung dazu: Schuster, bleib bei deinem Leisten."
Quelle: Pressemeldung Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD)
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